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Unser Plan für Dorsten
Foto: Volker Beushausen / Ute Blume, Christian Joswig und Bernd Lehmann (v.l.) zeigen, welche Früchte eine konstruktive Zusammenarbeit auf Augenhöhe tragen kann.

Unser Plan für Dorsten

Lesedauer: ca. 3 Min. | Text: _Redaktion _RDN

Wer liebt es nicht, wenn ein Plan funktioniert? Ob Stadtentwicklung, berufliche Karriere oder persönliche Ziele – wir erzählen von besonderen Plänen, und ihrer Umsetzung.

Kathedrale der Bürger

Bahnhofschefin Ute Blume gerät immer wieder ins Schwärmen: „Wenn die Sonnenstrahlen schräg durch die Scheiben der historischen Bogenfenster in den Speisesaal fallen oder man nach oben steigt und die kleinen Fenster und Luken wandernde Schatten ins Treppenhaus zaubern“ sagt sie, „hat das was von einer Kathedrale.“ Der im Februar eingeweihte Bürgerbahnhof, Dorstens neues Aushängeschild am Rande der Innenstadt, ist wirklich ein Schmuckstück. Roter Backstein mit Historismus-Charme, Schieferdach mit Nebengiebeln, durch hölzerne Streben gestützte Dachüberstände. Und, wie gesagt, diese sakrale Atmosphäre. Die Wiederbelebung des 1879 gebauten Bahnhofs, seit 1986 unter Denkmalschutz, wurde zum Schlüsselprojekt für „Wir machen MITte“ – ein Multikonzept mit bewusst doppeldeutigem und aufforderndem Namen. Dorsten plante damit ab 2015 den großen Wurf: die Aufwertung der Innenstadt.

Lebendiges Haus

Der Bahnhof ist nicht nur ein Wartesaal für Bahnreisende. Ankermieterin und Betreiberin ist die gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft Dorstener Arbeit gGmbH. Deren Projektleiterin Ute Blume: „Wir machen in dem Gebäude die Gastronomie und beschäftigen und qualifizieren dort Menschen, um sie in ihrer beruflichen und sozialen Integration zu fördern. Zur Zeit sind es 20.“ Zudem bietet das Haus viele Seminar-, Gruppen- und Veranstaltungsräume für fast jeden Zweck – sogar Computerräume und Trauorte. „Jetzt geht es darum, den Bürgerbahnhof mit immer mehr Leben zu füllen. Das Haus soll eine Begegnungsstätte für alle werden – und es lebt schon.“ Schon in der Planungs- und Bauphase mischten die Dorstener Bürgerinnen und Bürger mit Ideen, Anregungen und Veranstaltungen mit. Die „Bahnhofsfamilie“ trifft sich immer noch regelmäßig. Stadtplaner Bernd Lehmann berichtet stolz: „Da sind wir in Dorsten ganz groß. Wenn wir nicht so eine Vernetzung und so viel bürgerschaftliches Engagement hätten, wäre es nicht gegangen. Wir konnten die Geldgeber damit überzeugen, wie sehr alle hinter dem Projekt standen.“ Bund und Land NRW (Städtebauförderung) sowie die EU (Fonds für regionale Entwicklung) übernahmen 90 Prozent der rund 7,5 Millionen Euro Kosten für den Bahnhof. Durch die Umstellung der Bahntechnik auf elektronische Signal- und Weichensteuerung gelang die „Befreiung“ des ursprünglich zwischen Gleisen gelegenen Gebäudes. Das stadtseitige Gleis wurde überflüssig – der Bahnhof mit seinem neu gestalteten Umfeld konnte zum ebenerdigen Teil der Innenstadt werden. Direkt nebenan sind die Radstation und der Busbahnhof. Zwei Steinwürfe entfernt ist der Altstadttreff. Das Stadtteilzentrum wurde nahezu gleichzeitig umgestaltet und erweitert. Das Prinzip von Mitmachen und Mitsprache der jungen Nutzer wurde auch dort erfolgreich angewendet. Dank eines Veranstaltungssaals samt Bühne können inzwischen auch Konzerte, Theater– oder Kunstaufführungen stattfinden. Beratungsbüros zu Themen wie Beruf, Schwangerschaft oder Sucht sind auch von außen zugänglich. Eine Küche, Werkstätten, Kurs- und Arbeitsräume, Proberäume samt Musikstudio für Bands lassen unzählige Möglichkeiten erahnen. Im Außenbereich gibt es für Kids und Jugendliche inzwischen eine Skate-Anlage und einen Kletterpark.


Stolz wie Bolle

Treffleiter Christian Joswig: „Wer kann schon sowas bieten? Gemeinsam mit dem Bürgerbahnhof haben wir aber jetzt alle noch mehr Möglichkeiten. Wir ergänzen uns, machen kein Doppelprogramm. Bei Überschneidungen kooperieren wir einfach, nutzen jeweils Räume und Möglichkeiten mit.“


„Zehn Jahre Baustelle überall – das Ganze war ein unheimlich komplexer Kraftakt mit unzähligen Verhandlungen und Absprachen“, weiß Bernd Lehmann. Ein Mammutprojekt. Alle Gewerke und Planungen mussten europaweit ausgeschrieben werden. Wer musste nicht alles beteiligt werden? Die Bahn, die Verkehrsbetriebe, Denkmalschutz, Brandschutz, Arbeitsschutz, Artenschutz und andere Behörden. Was musste nicht alles mitbedacht werden? Die Polizei gab Tipps zur bauseitigen Kriminalitätsvorbeugung, die Beleuchtung schont Fledermäuse und Insekten. „Da sind oft auch mal Nerven auf der Strecke geblieben“, sagt Joswig. Lehmann nickt: „Aber dann wurden Machtworte gesprochen – und es ging weiter.“ Ute Blume und die beiden Männer sind sich einig: „Weil sich so viel bewegt hat, war die Stadterneuerung ein Glücksfall. Man kann stolz auf die Dorstener Innenstadt sein.“Und wenn Sie, liebe Leserin und lieber Leser, demnächst zwischen Ruhrgebiet und Münsterland pendeln, machen Sie doch mal in Dorsten eine kleine Pause – vielleicht im Speisesaal der Kathedrale.

INFO:
buergerbahnhof-dorsten.de
treffpunkt-altstadt.de
dorstener-arbeit.de

 

Info
Treffpunkt Altstadt

Auf d. Bovenhorst 9
46282 Dorsten

Dorstener Arbeit

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46286 Dorsten

Juergen.Erhardt@Dorstener-Arbeit.de
02369 7419 - 0
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