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Einander (er)tragen
Foto: Volker Beushausen

Einander (er)tragen

Lesedauer: ca. 2 Min. | Text: Karoline Jankowski

1699 kamen vier Ursulinen nach Dorsten, um junge Frauen christlichen zu erziehen. 325 Jahre später feiern das Kloster, Gymnasium St. Ursula und die Realschule St. Ursula ein ganzes Jahr lang Jubiläum.

Wie macht sich Spiritualität im Schulalltag bemerkbar?

Sr. Benedikta: Wir beherzigen die Worte unserer Gründungsmutter Angela Merici: Nie mit starker Hand, sondern vorsichtig. Wir nehmen einander wahr und sehen, wie jeder einzelne ist. Wir erkennen neue Möglichkeiten und Wege und handeln mit Klugheit, wenn Veränderungen nötig sind.

Gottlieb: Angela Mericis' Zitat "Schätzt einander, helft einander, ertragt einander" ist unser Motto und prägt unseren Alltag.

Sr. Benedikta: Unsere Schülerinnen und Schüler haben mit dem Motto auf einem Banner auf dem Marktplatz auch gegen rechts demonstriert.

Was unterscheidet Sie von öffentlichen Schulen?

Schulte-Huxel: Im Grundgesetz und der Verfassung sind wir als sogenannte Ersatzschule verankert. Wir haben den Auftrag zur Ergänzung des öffentlichen Schulwesens und bieten ein alternatives Bildungsangebot, das trotz Einhaltung der Vorgaben der Bezirksregierung viel Raum für individuelle Gestaltung und pädagogische Freiheit lässt.

Gottlieb: Im Mittelpunkt steht das christliche Menschenbild - ob in Religion, Mathematik oder dem sozialen Miteinander. Ein Beispiel dafür ist unser Praktikumskonzept: Neben dem üblichen Betriebspraktikum absolvieren die Schüler auch ein Sozialpraktikum, das sogenannte Compassion-Praktikum. Dabei geht es um das Erleben und Erfahren christlicher Werte in beruflichen Kontexten wie Hospizen oder Krankenhäusern.

Wie äußern sich diese Unterschiede im Alltag?

Damian: Alle öffentlichen Schulen haben Nachmittagsunterricht, wir nicht.

Baumeister: Schule soll Schule sein. So haben die Kinder Freizeit, aber auch die Freiheit, sich in Vereinen oder ehrenamtlich zu engagieren.

Schulte-Huxel: Zudem findet Erziehung zu Hause statt. Die wollen wir ergänzen, aber nicht ersetzen.

Wie inklusiv sind Sie?

Schulte-Huxel: Wir sind allumfassend und offen für alle Religionsgemeinschaften.

Barciaga: Wir haben Klassenräume für hörgeschädigte Kinder eingerichtet, mit speziellen Akustikdecken und -wänden, angepasstem Teppichboden und Spezialmikrofonen.

Wie gehen Sie mit rebellischer Pubertät, Zweifeln oder Kritik am Glauben um?

Marie: Wir leben nach dem Prinzip: Jeder soll sein, wie er will.

Damian: Eine Person bei uns identifiziert sich als trans. Als Reaktion darauf haben wir zwei genderneutrale Toiletten eingerichtet, die von der gesamten Schülerschaft angenommen werden.

Gottlieb: Bei der Pubertät denken wir oft an Mericis' „einander ertragen“ (lacht). Jeder ist von Gott gewollt und gut, so wie er ist. Identitätssuche und Glaubenskrisen sehe ich als bereichernd. Das Stellen von Fragen ist wichtig, nicht das Abnicken von Dingen.

Wie nehmen Sie die Bildungslandschaft wahr?

Rüter: Ich spreche als Mutter. Die Vielfalt ist groß, das Angebot an kleinen Schulen aber sehr begrenzt. Sekundarschulen wie die Neue Schule Dorsten und die Gesamtschule Wulfen sind sehr groß und komplex. Eltern wünschen sich mehr Wahlmöglichkeiten im mittleren Bildungsbereich.

Was wünschen Sie sich für die nächsten 325 Jahre?

Schulte-Huxel: Mehr Sensibilität und Investitionen für die Bedürfnisse junger Menschen.

Gottlieb: Dass das christliche Menschenbild und die Wahrung unserer Demokratie weiterhin Bestand haben werden.

Sr. Benedikta: Zeit vergeht nicht, Zeit entsteht neu. Dass wir weiterhin unser Potenzial ausschöpfen und kein Biotop sind, sondern nach außen ausstrahlen.

Info
St. Ursula Realschule

Nonnenkamp 14
46282 Dorsten

https://www.rs-stursula.de/

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