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Eine Kiepe für alle Fälle
Kalle (rechts), Drüne und Hannes schmeißen sich nicht nur für Dorffeste gern in Schale. Foto: Felix Kleymann

Eine Kiepe für alle Fälle

Lesedauer: ca. 1 Min. | Text: Karoline Jankowski

Die Kiepenkerle waren die fahrenden Händler des 18. Jahrhunderts. Im Heimathaus Wulfen wird diese Tradition von Hannes Krümpel, Kalle Lutz und seiner Frau Drüne lebendig gehalten.

,,Ein Kiepenkerl ist der Amazon-Lieferant des 18. Jahrhunderts“, schmunzelt Thorsten Schadwinkel, Mitglied im Wulfener Heimat und Wappenbaumverein. Die Arbeitsbedingungen waren vermutlich besser – aber der Vergleich ist treffend. Denn als Handel und Handwerk noch richtig in Schwung war, zogen die Kiepenkerle durch unsere Region. Ihre Kiepen, riesige Tragkörbe, waren randvoll gepackt mit allem, was das bäuerliche Herz höher schlagen ließ. Werkzeug, Nahrung, Stoffe, Tiere – ein Spezialitätenkorb aus dem Vestischen Land. Mit der Urbanisierung verschwand der Kiepenkerl aus dem Alltag. Doch im Heimathaus Wulfen wird die Erinnerung an die wandernden Händler nicht nur gepflegt, sondern aktiv fortgeführt.

Hannes Krümpel, Kalle Lutz und seine Frau Drüne – die „bäuerliche Triqueta“ des Vereins – tragen den Kiepenkerl-Stab weiter. „Wir waren auch Dönekes-Erzähler, Nachrichtenüberbringer und Hochzeitsvermittler. Das präsentieren wir heutzutage auf allerlei Dorffesten hier in Wulfen“, erklärt Drüne, „und eine Männerdomäne war das auch nicht – viele Frauen zogen emsig durchs Land.“ Verschiedene Arbeitsgruppen helfen ordentlich mit, die Tradition zu wahren: Die Brot-Tied kümmert sich um die perfekte Getreideauslastung für die Kiepe, die Lekkerbeck-Gruppe versorgt die Naschkatzen mit selbstgemachten Süßigkeiten, und beim Blaudruck werden Tücher kunstvoll verziert. Brauen wird nicht nur als Handwerk betrieben, sondern auch als Wissenschaft der Hydration verstanden und der Plattdeutsch-Kurs wahrt die Mundart, die regelmäßig noch gesprochen wird. „Wir liegen genau auf der Grenze zum Münsterland, in dem noch Plattgesprochen wird und dem Ruhrpott, aus dem ich meine Kodderschnauze hab“, freut Kalle sich über die durchaus attraktive geografische Lage seines Heimatdorfs.

Die bekanntesten Kiepenkerle dürften übrigens Clemens und August Brenninckmeijer aus dem Tecklenburger Land gewesen sein. Mitte des 18. Jahrhunderts zog das Brüderpaar nach Sneek in den Niederlanden und gründete das Unternehmen „C. & A. Brenninkmeijer“ – heute bekannt als C&A. Wer hätte gedacht, dass der Kiepenkerl einmal der Ursprung eines Modeimperiums sein könnte?

Info
Heimatverein Wulfen

Rhönweg 11
46286 Dorsten

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